Neve Hanna aus Sicht der Volontär*innen
Neve Hanna ist ein Ort, an dem man sich vom ersten Moment an wie zuhause fühlt. Genau wie die Kinder, die Hauseltern und die israelischen Freiwilligen sind die deutschen Freiwilligen ein fester und wichtiger Bestandteil des Heims und das haben wir vom ersten Tag an vermittelt bekommen und ich habe mich sofort willkommen und gewollt gefühlt. Bei der Ankunft im Kinderheim hat auf uns eine warme Mahlzeit, ein voller Kühlschrank und ein großes Haus gewartet. In den Vorbereitungstagen haben wir viele Fragen gestellt, die Mitarbeitenden und unsere Arbeitsstationen kennengelernt und wurden dabei ganz selbstverständlich als Teil Neve Hannas behandelt. Trotz vieler neuer Gesichter kehrte schnell Alltag ein. Der Alltag in Neve Hanna ist einerseits ein durchstrukturierter Tagesablauf, andererseits auch ein Wirrwarr aus vielen unterschiedlichen Dingen, spontanen Aktionen und Zufällen.
Ich durfte das ganze Jahr im therapeutischen Streichelzoo arbeiten. Die Pinat Chai ist eine kleine Oase, wunderschön und ein bisschen verwunschen, mit vielen Pflanzen, allen Tieren von Ziegen über Erdmännchen bis hin zu Schlangen und Spinnen und außerdem interessanten und tollen Menschen. Ich wurde dort sehr herzlich aufgenommen und habe viel gelernt, handwerklich und tiermedizinisch.
In meiner Gruppe wurde ich mindestens genauso herzlich aufgenommen. Am Anfang war die Kommunikation natürlich ein bisschen schwierig. In den ersten Tagen wurde ich häufig gefragt ob ich israelische oder deutsche Freiwillige sei und wenn ich gesagt habe, ich sei aus Deutschland, ist das Kind zur nächsten Person weitergegangen. Das ändert sich aber. Man lernt schnell mit Händen und Fußen zu kommunizieren und baut Beziehungen zu vielen Kindern auf, die über das Jahr immer tiefer werden und auch noch darüber hinaus halten können. Die Zeit in der Gruppe wurde ich nicht als Arbeit bezeichnen. Man wird dort Teil der Familie und verhalt sich genauso. Ich habe mit den Kindern gespielt, geredet, gebacken, Hausaufgaben gemacht, war auf Schulfesten, bei der Reittherapie, habe Gutenachtgeschichten erzählt und abends im Schlafanzug mit ihnen Filme geguckt.
Selbstverständlich lief aber nicht immer alles rosig und perfekt. Es gab auch Tage, an denen ich völlig übermüdet das Gefühl hatte, sowieso alles falsch zu machen, meine soziale Batterie leer war und ich obendrauf auch noch Läuse hatte. Das geht dort aber allen so, den deutschen und den israelischen Freiwilligen und auch den anderen Mitarbeitenden, weswegen man sich die Zeit, die man für sich selbst braucht, nehmen kann und muss. An den freien Tagen war es also nicht nur spannend und schön, das Land zu erkunden, sondern auch sehr wichtig mal aus Neve Hanna rauszukommen.
Ich habe mich schnell in das Land verliebt, in die Mentalität, Lebensfreude und Spontanität. Noch nie vorher habe ich gesehen, wie sich zwei Menschen anbrüllen und einander einen Moment später in den Armen liegen und mit Liebe überschütten, weil der Streit geklärt ist. Das ist dort aber völlig normal und wir wurden genauso behandelt. An einem Tag sind die Fetzen geflogen und am nächsten hat die Hauswirtschaftsleiterin riskiert ihren Flug zu verpassen, um noch einmal das Lager in der Küche aufzuschließen, damit wir auf gar keinen Fall Gefahr laufen ein paar Tage lang keine Nudeln im Haus zu haben.
Zusätzlich hat Israel auch wunderschöne Natur zu bieten, alles von Bergen und Bachen über das Mittelmeer bis hin zur Wüste. Nur für eine Nacht unter freiem Himmel in der Wüste hat sich der Dienst schon gelohnt. Genauso vielseitig wie die Natur sind auch die Menschen. Allein in Neve Hanna konnte ich Hebräisch und ein paar Worte Arabisch lernen und hin und wieder ein bisschen Russisch hören. Die Kinder aus meiner Gruppe haben mir beduinische Tänze beigebracht und ich durfte Essen aus Äthiopien, Marokko und Polen probieren.
Vor einigen Wochen bin ich nun aus einem wunderbaren Jahr voll von wunderbaren Erinnerungen und Menschen mit vielen lustigen, schönen, absurden aber auch traurigen Geschichten nach Deutschland zurückgekehrt. Ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Jahr erleben durfte und weiß, dass ich immer nach Neve Hanna zurückkehren kann.
September 2023, Luise Seidenberg.
Unsere Freiwilligen des Jahrgangs 2021/22 bei einem Seminarbesuch im obersten Gerichtshof in Jerusalem.
Volontärsbericht von Emma, 2021/22
Emmas Bericht ist Teil des Artikels „Ein Freiwilliges Soziales Jahr mit Kindern in Israel“ in dem Magazin Hamburg macht Schule. Die betreffende Ausgabe zum Thema Antisemitismus finden Sie hier.
Ich sitze auf der Terrasse unserer Wohnung und schaue auf das Gelände des Kinderheims. Es ist früher Abend, ich telefoniere nach Deutschland. Es dringen Rufe auf Hebräisch an mein eines Ohr. Wie fremd das doch klinge, vernehme ich auf dem anderen. Ja, zu Beginn meines Freiwilligenjahres klang es nicht nur, sondern fühlte sich fremd an. Die Sprache, Kultur, mein soziales Umfeld und besonders meine eigene Position in diesem. Ich war neu, anders – fremd. Inzwischen fühle ich mich nicht mehr so, es ist, wie bei Vielem, das Neue zum Gewohnten geworden, ich habe mich eingelebt. Diese Erfahrung wohnt wohl jedem Anfang inne und ist gerade in Gestalt eines internationalen Freiwilligendienstes und dem Kennenlernen einer mehr oder weniger unbekannten Kultur besonders. Unabhängig davon, an welchem Ort.
Warum also gerade Israel? Ich war in diesen Freiwilligendienst eher hineingerutscht, wollte gerne eine neue Kultur und Sprache kennenlernen, war aber nicht auf ein bestimmtes Land fokussiert. Vielmehr war mir die Art der Arbeit, die Nähe zu den Menschen, wichtig. Daher habe ich vielleicht gar nicht gemerkt, wie mir das anfänglich so Fremde vertraut geworden ist. Nichtsdestotrotz hatte ich Erwartungen an dieses Jahr, hatte Bilder im Kopf. Bilder von Israel, dem Judentum, den Israelis. Mit der Frage am Telefon, was dieses Jahr mit mir gemacht habe, ob ich mich denn schon verändert habe, fällt mir auf, wie flach diese Bilder waren und wie sehr sich meine Wahrnehmung gewandelt hat. Mir kommt der Begriff der „Erlebnispädagogik“ in den Sinn. In der zehnten Klasse habe ich ihn in einem anderen Rahmen kennengelernt. Jetzt scheint er zu umfassen, was mein Freiwilligenjahr für mich bedeutet: Themen, deren Umriss ich in der Schule zu begreifen begann, bekommen hier durch meine Erlebnisse Fülle und Realitätsnähe.
Besonders fällt mir dies an meiner Vorstellung von gelebtem Judentum auf. Ich hatte keine jüdischen Klassenkamerad*innen und so erschien mir gelebtes Judentum selten und gefärbt durch Berichte wie „Unorthodox“ von Deborah Feldman einer orthodoxen Auslegung synonym. Zwar hatte ich in der Schule etwas über das Judentum gelernt, durch Absenz in meinem Alltag blieb dieses Wissen aber abstrakt und betraf mich nicht. Durch das Feiern der jüdischen Feste mit den Familien israelischer Mitfreiwilliger, die verschiedenen Gepflogenheiten zum Tragen der Kippa oder das tägliche Tischgebet in den Kindergruppen, erlebe ich die jüdische Religion als präsent, divers und selbstverständlich ausgelebt. Dadurch hat sich nicht nur meine Vorstellung vom Judentum diversifiziert, vor allem hat diese neue Perspektive mir die Reflexion eigener stigmatisierter Bilder ermöglicht. Geprägt durch mein Schulwissen über Israel und die jüdische Geschichte stellte ich mir Israel als einen Einwanderungsstaat europäischer Shoah-Überlebender und deren Nachfahren vor. Dieser schmale Blick weitete sich vielleicht als erstes, als ich in Neve Hanna zu arbeiten begann. Ich lernte „Ashkenasi“ und „Misrachi“ zu unterscheiden, buk äthiopische Fladen und übte auf arabisch bis zehn zu zählen. Neben der ethnischen Vielfalt der jüdischen Bevölkerung bin ich dabei vor allem für die jüdisch-arabische Beziehung innerhalb Israels sensibilisiert worden. Hörte ich vor einem Jahr den Term „jüdisch-arabischer Konflikt“, so dachte ich an israelisch-palästinensische Beziehungen. Durch den Tageshort „Nativ LaShalom“, welchen jüdische und arabische Kinder gemeinsam besuchen, oder durch unverhoffte Begegnungen mit einer beduinischen Familie auf einer Wanderung mitten in der Wüste, erlebe ich Schwierigkeiten, Kontaktängste aber auch Ansätze, friedlich miteinander zu leben.
Insgesamt, blicke ich jetzt auf meine anfänglichen Erwartungen und Vorurteile zurück, so stelle ich fest, mit welcher westlich-eurozentrischen Brille ich zu Beginn auf mein neues Umfeld blickte und sicherlich unbewusst gelegentlich auch noch blicke. Ich merke, wie sehr sich meine Vorstellungen und Positionen diversifiziert haben und wie ich dadurch für Beziehungen und Probleme sensibilisiert wurde. In alltäglichen Situationen werde ich mir meiner Privilegien bewusst, keine verfeindeten Nachbar*innen oder Anrainerstaaten, die meine Heimat vernichten wollen, zu haben. Denn dazu, Antisemit*in zu sein, kann man sich entscheiden. Davon betroffen zu sein, sich aber nicht aussuchen.
Einer meiner Mitfreiwilligen meinte dazu, wir hätten „ein Auge fürs Detail“ bekommen. Mir gefällt dieser Ausdruck. Sicher, ich habe nicht jede historische Stätte besichtigt, von jedem kulinarischen Exempel gekostet und noch nicht einmal annährend alle Perspektiven auf dieses Land, seine Gesellschaft, Kultur und Konflikte gehört. Ich habe hier aber einen Alltag. So banal und anstrengend er mir gelegentlich scheint, er ermöglicht mir persönliche, tiefe Begegnungen, und dadurch kleine, jedoch umso detailliertere Eindrücke. So sitze ich jetzt auf unserer Terrasse, vom Spielplatz ruft mir ein Kind eine Frage zu und ich kann antworten.
Mai 2022, Emma Kühnelt.
Volontärsbericht von Caroline, 2019
Mein Jahr in Neve Hanna
Vor einem Jahr bin ich gerade frisch nach dem Abitur aufgebrochen nach Israel in ein völlig fremdes Land mit einer ganz anderen Kultur. So richtig klar war ich mir nicht, ob die Entscheidung die richtige sei, für ein Jahr alleine ins Ausland zu gehen. Doch im Nachhinein kann ich wirklich nur sagen, dass ich es nicht bereue und es ein unvergessliches Jahr für mich wurde.
Das Jahr über habe ich mit fünf anderen Freiwilligen aus Deutschland und einer Schweizerin in einer WG, direkt auf dem Gelände des Kinderheims, gelebt. Im Laufe der Zeit sind wir zu einer echten Gruppe zusammen gewachsen und haben auch außerhalb der Arbeit viel zusammen unternommen. Bei Problemen und Fragen hatte man so immer jemanden, der einen versteht, der die gleiche Sprache spricht und in derselben Position ist wie man selber. Gleichzeitig mit uns waren auch acht israelische Freiwillige da, die im gleichen Alter waren wie wir und mit denen wir zusammen in den Wohngruppen gearbeitet haben. Sie sind im Laufe der Zeit auch für uns zu guten Freunden geworden.
Mit der Sprache war es natürlich am Anfang nicht immer leicht, aber die israelischen Freiwilligen oder die Mitarbeiter von Neve Hanna haben uns mit Englisch häufig weiter geholfen. Angekommen bin ich tatsächlich mit drei Wörtern Hebräisch. Doch im Laufe der Zeit konnte ich mich immer besser verständigen, zur Not mit Händen und Füßen. Zweimal die Woche hat jeder von uns Einzelstunden in Hebräisch bekommen, in denen ich sogar gelernt habe, wie die für mich anfangs kryptisch wirkenden Zeichen zu lesen sind. Wenn wir Probleme oder Fragen hatten, sei es zu Ausflugstipps oder zu unserem neuen Wohnort, konnten wir uns immer an die Mitarbeiter wenden und uns wurde schnell geholfen, so dass man schnell das Gefühl hatte, selber zu Recht zu kommen.
Unser Tag bestand morgens aus Arbeit in einer der vier Arbeitsstationen: in der Küche, im Garten, in der Bäckerei oder im Streichelzoo. Die meiste Zeit des Jahres habe ich im Streichelzoo gearbeitet. Das ist, finde ich, der schönste Ort in Neve Hanna. Es ist dort wie in einer kleinen grünen Oase. Dort wird er auch die „Pinat Chai“ genannt, was übersetzt so viel bedeutet wie „Ecke des Lebens“. Es ist kein Streichelzoo wie man ihn aus Deutschland kennt, sondern es gibt dort sehr viele unterschiedliche Tiere von diversen Schlangen und Echsen, über Ziegen und bis zu Papageien und Schildkröten. Täglich habe ich mich um die Tiere gekümmert, sie gefüttert und ausgemistet. Eines meiner längeren Projekte war die Aufzucht eines Zickleins, das ich nach der Geburt alle drei Stunden mit der Flasche zu versorgen hatte. Später lief es dann wie ein Hund hinter mir her. Im Streichelzoo gab es immer irgendeine Arbeit und es wurde nie langweilig. Am Nachmittag kamen oft die Kinder und wollten mit mir in den Streichelzoo gehen. Das war immer schön. Für einen kurzen Zeitraum habe ich die Arbeit im Garten kennengelernt. Dort habe ich nicht nur typische Gartenarbeiten wie Hecke schneiden gemacht, sondern auch gelernt zu streichen. In den letzten zwei Monaten war ich in der Bäckerei. Da habe ich gelernt wie ich schneller als die Mitarbeiter Brezeln und Brotleibe forme. Ausgeliefert habe ich die Ware schließlich auch. Zu einem unserer Abnehmer gehörte die israelische Fluggesellschaft ELAL.
Angekommen in Neve Hanna wurden jeder von uns Freiwilligen einer der 6 Wohngruppen zugeteilt, in der wir das Jahr über unseren Nachmittag mit den Kindern verbracht haben. Einer von uns Freiwilligen arbeitete im jüdisch-beduinischen Tageshort, der sich auch Pfad des Friedens nennt. Jede der Gruppen bewohnt ein Haus auf dem Gelände und die Gruppen sind altermäßig und auch vom Geschlecht her heterogen. In jeder Gruppe gibt es immer eine Hausmutter und einen Hausvater, die sich zusammen mit einem israelischen Freiwilligen um die Gruppe kümmern. Hinzu kommen natürlich noch viele andere Mitarbeiter von Neve Hanna wie Psychologen und Sozialarbeiter. Unsere Arbeit dort war ziemlich frei gestaltbar. Wir Freiwilligen waren quasi die älteren Geschwister der Kinder und haben dort geholfen wo gerade Hilfe gebraucht wurde. Oft habe ich bei den Hausaufgaben in Mathe und Englisch geholfen und viel bei Haushaltstätigkeiten wie dem Vorbereiten des Abendessens. Aber auch einfach mit den Kindern draußen zu spielen, in die Stadt zugehen oder Gesellschaftsspiele zu machen, gehörte natürlich dazu. An einem Tag in der Woche habe ich immer ein paar Kinder zur Reittherapie begleitet und bin dann auch geritten. Insgesamt war die Stimmung in Neve Hanna in den Gruppen und im Kinderheim immer sehr fröhlich. Es wurde viel getanzt, gesungen und gelacht aber natürlich auch draußen viel getobt. Es gab aber auch wenige Tage im Jahr, in denen die Stimmung auf Grund der Raketenangriffe aus Gaza bedrückt war und wir sogar im Bunker schlafen mussten.
Besonders toll waren die unzähligen Feste, die wir gemeinsam in Neve Hanna gefeiert haben. Jeden Freitagabend wurde der Shabbat gefeiert mit einem Besuch in der Synagoge und einem großen leckerem Essen. Von Channuka, Purim bis hin zur Bat Mitzwa an der Klagemauer wurde jedes Fest in Neve Hanna gefeiert. So aktiv die Religion und die Kultur mitzuerleben, war ein besonderes Erlebnis. Von Freunden wurde ich oft gefragt, ob wir eigentlich das ganze Jahr über feiern.
Zu unserem Jahr in Neve Hanna gehörte nicht nur die Arbeit vor Ort, sondern auch die zahlreichen Seminare Ausflüge, die uns noch einmal einen anderen Einblick in das Land gegeben haben. So haben wir uns mit den Themen Holocaust und Beduinen beschäftigt und eine Holocaust-Überlebende getroffen sowie sind alle zusammen zu einem Ausflug in die Negev Wüste mit Jeeps aufgebrochen.
Neben dem Freiwilligendienst hatten wir natürlich auch mal freie Tag, die wir genutzt haben, um das Land zu entdecken. Das ist bei der Größe von Israel problemlos möglich und man kommt gut mit dem Bus von A nach B. Vom Schlafen unter freiem Himmel in der Wüste, Wandern in den verschiedensten Landschaften, die Israel zu bieten hat, über das Schlendern über den Shuk in Jerusalem bis hin zum Tauchen im Rotem Meer bei Eilat war vieles Interessantes und Außergewöhnliches dabei. Israel hat wahnsinnig viele unterschiedliche Landschaften und Kulturen zu bieten, so dass wir immer Programmpunkte fürs Wochenende gefunden haben.
Das Jahr in Neve Hanna hat mich definitiv verändert und ich vermisse die Zeit schon jetzt, obwohl ich erst 3 Monate wieder hier bin. Die Kinder und Mitarbeiter in Neve Hanna sind in dem Jahr wie eine Familie für mich geworden, an die ich oft denke auch hier in Deutschland. Die vielen Erlebnisse und Erfahrungen und Begegnungen mit vielen verschiedenen Menschen haben mich geprägt und mir viele neue Sichtweisen vermittelt.
16.11.2019, Caroline Thiele
„Tagebucheintrag“ von Elisa, 2017
Liebes Tagebuch,
erinnerst du dich daran, wie ich dir geschrieben habe, dass es mir so schwer fällt Deutschland zu verlassen? Lange ist´s her – und nun steht mein Abschied aus Israel vor der Tür! Kaum vorstellbar, dass alles, was ich hier erlebt habe, überhaupt in nur ein Jahr passt!
Allein wie genau ich das Land kennengelernt habe durch unzählige Trips, Ausflüge und Seminare. Von Bar Mizwa an der Klagemauer bis zur geschlechtergetrennten beduinischen Hochzeit. Vom spontanen Schwimmen Gehen im Mittelmeer, über Gewürzkäufe in Jerusalem und dem Nachtleben in Tel Aviv bis zum Schlafen unter dem Sternenhimmel in der Wüste. Zu Beginn ist alles noch ein wenig an mir vorbeigezogen, doch allmählich begann ich die israelische Kultur und Mentalität zu verstehen und vor allem durch die Sprache wurde ich schließlich sogar ein Teil dieser Welt. Und das alles war ja eigentlich nur meine Freizeit!
Tatsächlich war ich die meiste Zeit in Neve Hanna und habe mit fünf anderen Freiwilligen aus Deutschland auf engstem Raum zusammengelebt. Zu zweit in einem Zimmer, weißt du noch? Offen sein für Neues und viele tolle Erfahrungen sammeln – deswegen bin ich ja auch hergekommen. Gemeinsam haben wir Neve Hanna in Küche, Garten, Bäckerei und Zoo tatkräftig unterstützt und am Leben gehalten. Im Garten habe ich nicht nur gestrichen, Bäume geschnitten und unter der Sonne geschwitzt, sondern ich habe auch das erste Mal in meinem Leben geschweißt. In der Bäckerei habe ich gelernt, schneller als der Meister Teig zu kneten und Brote zu formen, in der Küche fleißig Gemüse geschnitten und im Streichelzoo, unserer Pinat Chai , der „Ecke des Lebens“, konnte ich nicht nur kanadische Kakerlaken herangezüchtet, sondern habe mich auch eigenverantwortlich unter anderem um Schildkröten, Ziegen, Ponys, Vögel etc. gekümmert. Ausmisten, Füttern, den Kindern die Tiere näherbringen und natürlich auch einfach mal mit den anderen entspannt Kaffee trinken.
Dann endlich nachmittags habe ich Zeit mit den Kindern verbracht. Ob bei Hausaufgaben, gemeinsamem Backen, Basteln, Kochen oder einfach draußen spielen, je nach Bedürfnis der Kinder. Doch auch außerhalb der eigenen Gruppe gab es viele Projekte, in welche ich mich einbringen konnte: Die Theatergruppe, die Reittherapie und auch in die heimeigene Jugendgruppe, die sich sozial engagiert, Ausflüge mitgestalten, mit Kindern Schwimmen gehen und so vieles mehr. Dadurch wurde ich nach und nach Teil dieser großen Familie.
Ich habe nicht nur Neve Hanna verändert, sondern Neve Hanna hat auch mich verändert. Viele einzigartige Erfahrungen und Erlebnisse haben mich geprägt, sodass ich auf ein unvergessliches Jahr zurückblicke. Direkt nach dem Abitur genau das Richtige, um mich selbst und so viele neue Aspekte des Lebens besser kennenzulernen!
So, jetzt muss ich aber auch los, denn gleich beginnt der Shabbat.
Wir sehen uns!
Deine Elisa